"Immergrner Krieg" geschrieben von Oblenn (übersetzt aus dem Russischen von Enot_1) Heute hatte es extrem schlechtes Wetter im Immergrünen Wald. Traurig schaute Bert aus dem Fenster. Die ganze Woche schon dasselbe Bild: Auf einer provisorisch eingerichteten Straße nach Norden war eine schier endlose Anzahl von Panzern zu sehen. Vorbei fuhren enorme Abrams, angemalt in schwarzer Farbe und grob aufgemalten weißen Sternen, die leichten, schon lange veralteten, aber immer noch benutzten M-60, die lächerlich hohen M-113 Vulcano, alle Geschützbatterien in den Himmel gerichtet. Es passierten noch viele andere Militärfahrzeuge diese Stelle. Mit traurigem Blick schaute die Panzerbesatzung den vorbeiziehenden Bäumen nach: Sie zogen in den Krieg. Bert seufzte. Wie gut war doch alles gewesen! Er erinnerte sich, wie es angefangen hatte. Im Immergrünen Wald war gerade die Olympiade zu ende gegangen, als die beunruhigen Nachrichten im Fernsehen kamen. Wie aus dem nichts hieß es: Krieg! Die NATO begann, mit Russland zu kämpfen. Zuerst wütete der Krieg irgendwo am anderen Ende des Planeten, und hier im Wald erschien alles unwirklich. Aber eine Woche danach sind die Russen in Alaska gelandet. Der Krieg breitete sich langsam aber stetig auf die ganze Welt aus und kam immer näher an den Immergrünen Wald. Am nächsten Tag war das Wetter ein wenig besser. Bert frühstückte alleine: Ralf und Melissa waren schon zur Redaktion gefahren. Knox, der durch Öllieferungen an die Armee ziemlich reich geworden war, bereitete sich schon auf die nächsten größeren Transaktionen vor, und über eben diese wollten sie berichten. Als Bert gerade das dritte Sandwich mit seiner geliebten Erdnussbutter aß, öffnete sich die Tür, und Lisa kam herein. "Guten Morgen, Bert.", grüßte sie ihn mit nicht sehr erfreuter Stimme. "Guten Morgen, Lisa, komm herein!", antwortete Bert und verschlang hastig das letzte Stück. Lisa kam herein und setzte sich gegenüber Bert an den Tisch. Sie sah unordentlich aus, anscheinend hatte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Es wäre interessant zu wissen, warum... "Bert", fragte sie, "bist du denn heute beschäftigt?" "Nein, Lisa", antwortete Bert, "Was ist denn?" "Gestern hat der Wind unsere halbe Garage abgedeckt. Ich glaube, Dad kann das nicht alleine reparieren, kannst du helfen?" "Gewiss, Lisa, keine Frage." "Danke, Bert, du bist ein wahrer Freund." Als sie zu Lisas Haus gingen, herrschte eine erdrückende Stille. Schließlich wagte Bert, sie zu durchbrechen: "Was ist passiert, Lisa? Du bist heute so teilnahmslos." "Ja... Gestern rief ich meine alten Freunde aus der Stadt an. Du erinnerst dich doch, wie ich dir von John erzählt habe?" "Natürlich erinnere ich mich. Er war anscheinend dein erster Freund. Und was ist mit ihm?" "Er... er ist vorgestern gefallen. Im Panzer verbrannt. Jessie hat erzählt, dass seinen Eltern bereits seine sterblichen Überreste geschickt worden waren. Mit einer Flagge, und allen Ehrungen.", Lisa seufzte, "Sogar ein Orden wurde ihm verliehen.". "Entschuldige, tut mir sehr leid, Lisa!" "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Bert, du bist nicht schuld daran. Ich habe die ganze Nacht geheult, konnte es einfach nicht glauben. Dieser verdammte Krieg..." Beide schwiegen den restlichen Weg. Als sie bei Lisas Haus ankamen, waren George und Bentley bereits auf dem Dach und nagelten Bretter zusammen. Bentley winkte Bert zu, als er ihn sah. Es ist erstaunlich, wie er es schaffte, in dieser angsterfüllten Atmosphäre so fröhlich zu bleiben. "Guten Morgen, Bert!", schrie er, "Komm her!". "Eine Minute", antwortete Bert, das Fahrrad an die Veranda lehnend. Lisa ging zum Haus und hinauf in ihr Zimmer. Sie wollte alleine sein. Die Dach-Reparaturen waren praktisch abgeschlossen, als Bentley nach oben schaute und fast schon freudig schrie: "Hey, Bert, schau her!". Bert schaute zu dem Ort, an den Bentley hin zeigte. Zuerst sah er nichts Interessantes, am Himmel flogen nur zwei Militärflugzeuge. Die letzten zwei Wochen hatten sich bereits alle an deren konstanten Lärm gewöhnt. Aber dann verstand Bert: Sie flogen nicht einfach nur, sie kämpften gegeneinander. Am Himmel über dem Immergrünen Wald war gerade ein Luftkampf in Gange. Lisa lehnte sich aus dem Fenster in der Nähe von Bert (das Fenster ihres Zimmers endet genau über dem Dach der Garage, falls Sie das nicht wissen) und begann auch, in den Himmel zu schauen. "Interessant, nicht wahr, Bert?", kommentierte Bentley. "Überhaupt nicht interessant!", antwortete Lisa wütend, "Dort oben kommt vielleicht jemand um, und wir stehen hier und sehen zu wie bei einer Vorstellung!" Vom Boden aus war es unmöglich zu entscheiden, welches Flugzeug - wessen Flugzeug - es war. Beide sahen aus wie kleine schwarze Punkte. Und einer dieser Punkte rauchte, das Flugzeug war bereits getroffen. Es war schwer zu verstehen, was dort stattfand, da es so aussah, als ob sie sich einfach nur umkreisten. Plötzlich fiel das rauchende Flugzeug auseinander und kollidierte mit dem anderen. Dieses versuchte noch abzudrehen, aber es war zu spät. Beide Flugzeuge verschwanden in einer grellen Explosion, deren Lärm sogar noch am Boden zu hören war. Die Raccoons standen dort, den Mund vor Überraschung geöffnet. Innerhalb von Minuten tauchten am Himmel zwei Fallschirme auf, das heißt, die Piloten hatten es geschafft, sich hinauszuschleudern. "Wow!", schrie Bentley, "Toll!". Lisa stieg vom Fenster auf das Dach und begann, einem der herabsinkenden Fallschirme genau nachzusehen. "Schaut!", sagte sie, "der Pilot, der in unserer Nähe landen wird, könnte Hilfe brauchen." "Lisa!", unterbrach sie George, "Wir mischen und besser nicht ein. Es ist nicht unser Krieg." "Papa! Für mich reichen die heutigen Toten schon! Ich werde trotzdem gehen!" "Und ich mit dir!", fügte Bentley hinzu. Anscheinen interessierte ihn die Dachreparatur nicht mehr, und er plante bereits Abenteuer. George sah seine Kinder an und seufzte nur, dann sagte er: "Also gut, aber seid vorsichtig. Danke, Bert, ich werde dann alleine weitermachen." "Dann sollte ich vielleicht Lisa und Bentley Gesellschaft leisten." Alle drei stiegen vom Dach, setzten sich auf ihre Fahrräder und fuhren dem langsam herunter gleitenden Schirm entgegen. Den Platz fanden sie schnell. Der Fallschirm hatte sich in den oberen Ästen eines Baumes verfangen, und konnte vom ganzen Wald aus gesehen werden. Als sie näher heranfuhren, konnten sie auch den Piloten sehen. Es war ein junger Raccoon in Militäruniform, er lag auf der Erde, das Gesicht nach unten, und war offensichtlich ohne Bewusstsein. "Ich habe es doch gesagt!", sagte Lisa mit Bitterkeit in ihrer Stimme, sprang vom Fahrrad und rannte zum Piloten. Bert und Bentley folgten ihrem Beispiel. "Sir, sind Sie am Leben?", fragte Lisa vorsichtig, als sie sah, dass der Pilot gerade wieder zu sich kam. Dieser hob den Kopf, sah alle an, und verstand wahrscheinlich immer noch nicht, wo er war. Er war ziemlich gutaussehend, aber an ihm war etwas, das die Raccoons zurückschrecken ließ: Zwei rote Sterne in seinen Knopflöchern... Voller Wut ging Cyril Sneer in seinem Büro hin und her. "Knox, dieser grüne Trottel!", dachte er, "Schon wieder hat er mir ein Geschäft weggeschnappt! Als ob nur er dem Militär Öl liefern könnte! Vor diesem verdammten Krieg war ich fast doppelt so reich wie er, aber dieses Jahr hat er soviel Gewinn gemacht... Nein, irgendetwas ist hier faul! Ich muss herausfinden, was sein Geheimnis ist, dass er immer die besseren Aufträge bekommt!" Er rannte nach oben zur Gegensprechanlage und drückte den Knopf. "Schweine, zu mir!", konnte man seine Stimme in allen Räumen hören. Die Schweine warteten nicht lange, und standen ihm in weniger als einer Minute bereits zitternd vor Angst gegenüber. Sie kannten den Boss schon so gut, dass sie verstanden, dass man ihm in solch einer Situation besser nicht in die Augen schaut. "Ihr Schinken!", fing er in seiner üblichen Art an, "Findet mir den besten Detektiv in diesem Wald! Aber nicht Bert Raccoon! Er soll alles herausfinden über Knox und seine Geschäfte. Ich will alles wissen: mit wem er sie geschlossen hat, für welche Summe, unter welchen Bedingungen. Geld verzeiht nichts, ihr Schweinekoteletts! Und dass mir sein Bericht übermorgen auf meinen Tisch liegt!" "Wie Sie wünschen, Boss", schrien die Schweine gemeinsam und rannten aus der Tür. Cyril stand kurz auf und setzte sich an den Tisch. Er hatte noch einige Arbeit zu erledigen... Der Pilot kam schließlich wieder zu sich, und lehnte sich an einen Baum. Mit Neugier betrachtete er die um ihn herumstehenden Raccoons. Die erste Stille wurde von Bentley durchbrochen, der losfragte: "Sind Sie Russe?" "Natürlich Russe", antwortete der Pilot, der das Gesicht vor Schmerz verzog, "Dachten Sie etwa, in Russland leben nur Bären?". Da bemerkte Lisa, dass seine Uniform am rechten Bein oberhalb des Knies zerrissen war und daraus Blut floss. "Oh!", rief sie, "Sind Sie verletzt, brauchen Sie Hilfe?" "Nein, schon in Ordnung", antwortete der Pilot, ohne sein Bein zu betrachten, "Sagt mir besser, wo ich mich im Moment befinde." "Im Immergrünen Wald", antwortete Bert, der immer noch überrascht war. "Aha.". Mit schmerzverzerrtem Gesicht holte der Pilot eine Karte und betrachtete sie. "Also danke, und jetzt rate ich Euch, von hier schnell zu verschwinden, da Eure Soldaten bald kommen werden, um mich zu suchen." "Aber...", versuchte Bert zu widersprechen. "Verschwindet besser.", unterbrach ihn der Pilot während er seine Pistole nachlud. "Lebend sollen die mich nicht kriegen, und ich will auch nicht, dass ihr eine Kugel abkriegt." Die Raccoons entfernten sich ein wenig und fingen an, sich zu beraten. "Wir können ihn nicht einfach dort zurücklassen", stellte Lisa fest. "Falls wir nichts machen, wird er verloren sein." "Ja, aber was können wir tun?" "Ich weiß nicht, aber hier lasse ich ihn nicht zurück!", erklärte Lisa entschlossen, "Diese ganzen Toten und dieser ganze Krieg reicht für mich! Für den Moment kann er bei mir wohnen, und dann, wenn seine Wunden verheilt sind, wird sich der Rest schon von selbst ergeben." Bert sah den Piloten eifersüchtig an und schlug dann vor: "Lassen wir ihn besser bei mir wohnen, wir haben gerade ein freies Zimmer." Zu seiner Überraschung willigte Lisa ein. "Mister.", sprach sie den Piloten an. "Wir können Sie nicht hier zurücklassen. Wir wollen Ihnen helfen, also können Sie bei uns wohnen, bis Ihre Wunden verheilt sind. Dann können Sie versuchen, den Wald zu verlassen." "Hey, Mädchen.", fragte er vorsichtig, "Und warum willst du mir helfen. Ich bin doch euer Feind." "Ich sehe hier keinen Feind, Ich sehe nur einen jungen Raccoon, der unsere Hilfe sehr gebrauchen kann!", sagte Lisa. Bald fand man heraus, dass der Pilot nicht mehr selber gehen konnte. Lisa verband ihm geschickt die Wunde, aber trotzdem konnte er nur laufen, wenn er sich an Berts Schulter abstützte. Es wurden ihm viele Fragen gestellt (besonders von Bentley), aber er versuchte zu schweigen, oder nur kurze Antworten zu geben. Es war aber möglich, herauszufinden, dass er Den heisst und Kapitän der russischen Luftwaffe ist und dass er das rauchende Flugzeug während des Kampfes geflogen hatte. Doch als die Raccoons schließlich Berts Haus erreichten, erwartete sie noch eine Überraschung. Als Bert die Türe öffnete, war das erste, das er sah, Troy Malone in Person. In der Uniform der kanadischen Luftwaffe saß er am Tisch und erzählte Melissa: "...und als ich landete und mich umschaute, sah ich nur bekannte Orte. Da dachte ich, ich könnte mal kurz vorbeischauen..." Bert winkte Ralf zu, der in der Ecke stand und Troy so ansah, als wollte er ihn auf der Stelle umbringen. Als Ralf zur Türe kam, fragte ihn Bert: "Ähhh... Ralf, was macht denn Troy hier? I habe übrigens noch nicht gewusst, dass er beim Militär ist." "Ich auch nicht, Bert. Es scheint, er hat ein russisches Flugzeug über unserem Wald gerammt und heruntergebracht." Bert, Lisa und Bentley tauschten hastig Blicke aus. Sie hatten den Mund offen vor Überraschung. "Ähhh... Ralf, könntest du ihn irgendwie ablenken, während ich nach oben gehe?" "Kann ich machen, aber warum?" Bert nannte ihm den "Grund", der hinter ihnen stand, mit einer Pistole im Anschlag. Jetzt war Ralf überrascht. "Das ist doch... Er ist... Also..." "Ja, Ralf.", antwortete Lisa, "Er ist es, den Troy zum Absturz gebracht hat." "Aber... wie... und..." "Ralf, er ist verwundet. Lassen wir ihn hier bei uns für zwei Tage bleiben, solange die Suche nach ihm andauert, dann kann er gehen." Ralf seufzte. Die Vorstellung, mit zwei Piloten unter einem Dach zu leben, die sich noch vor einer Stunde gegenseitig umbringen wollten, gefiel ihm nicht. Aber er konnte Den auch nicht einfach seinem Schicksal überlassen. "Also gut, ich warne Melissa.", antwortete er. "Aber er wird bei dir wohnen, Bert. Melissa hat Troy bereits ein freies Zimmer versprochen." "Also bleibt Troy doch bei uns?" "Vielleicht. Er weiß selbst noch nicht, wann er uns verlassen wird. Und Melissa, du kennst ihn ja..." Darauf ging Ralf zum Haus. "Hey, Ralfi!", hörte man Troys Stimme bis hierher. Ich hoffe, seit unserem letzten Treffen hast du schon besser zu fliegen gelernt?" "Nein, Troy, seitdem bin ich gar nicht mehr geflogen. Und solltest du das Kommando nicht informieren, wo du bist?" "Ach ja, natürlich, habe ich ganz vergessen. Und wo ist bei euch das Telefon?" "Gehen wir, Troy, ich zeige es dir.", hörte man Melissas Stimme. Während Troy mit seinem Stab telefonierte, schafften Bert und Lisa Den so schnell wie möglich über eine Leiter in Berts Zimmer. "Euch allen danke.", sprach Den während er sich zu Bert aufs Bett setzte (das übrigens ein Etagenbett ist). "Bald wird wieder Frieden herrschen. Ich hätte nie gedacht, dass mir einmal so etwas passiert." "Es ist notwendig, dass du dieses Zimmer nicht verlässt.", sagte Lisa. "Nicht das dich Troy noch entdeckt." "Es gibt nichts, an das man sich nicht gewöhnen könnte. Am Anfang des Krieges war ich einen Monat im Bunker, da man dachte, ein Nuklearschlag könnte erfolgen." "Als Bentley und ich losgingen, hat Papa bestimmt angefangen, sich Sorgen zu machen.", sagte Lisa, "Bert, schau mal nach ihm." "Kein Problem! Den, mach es dir bequem hier..." "Ist die Transaktion durch, Seymour?" "Alles bestens, Boss. Knox hat alles verkauft, wie Sie es wollten." "Wunderbar. Unseren Partnern im Osten wird das gefallen. Und was ist mit Sneer?" "Wie sie befohlen haben, habe ich sein Angebot abgelehnt." "Ausgezeichnet. Vielleicht kommen wir nächstes Mal mit ihm ins Geschäft." "Wie Sie wollen, Boss!" Am nächsten Tag ging es Den besser. Die Wunde war verheilt, und er konnte bereits wieder gehen, blieb aber immer noch im Zimmer. Der Tag verlief wie immer, Militärfahrzeuge fuhren nach Norden, am Himmel flogen die Flugzeuge, und überall konnte man Motorengeräusche hören. Anscheinend suchte niemand nach Den. Die Army hatte offensichtlich Wichtigeres zu tun, als nach einem russischen Piloten zu suchen. Am Abend waren die Raccoons vor dem Fernseher versammelt, um die Nachrichten zu sehen. Die Nachrichten waren im Großen und Ganzen ziemlich normal. Man sprach über Russlands Vormarsch in Alaska, über die Einnahme von Anchorage, über hohe Verluste auf beiden Seiten. "Troy,", fragte plötzlich Melissa, "da du ja beim Militär bist, kannst du uns vielleicht erklären, aus welchem Grund dieser Krieg angefangen wurde?" "Also", war Troy überwältigt, "Ich weiß es nicht, Melissa. Uns sagte man, dass es ein paar Zwischenfälle gab, oder etwas in der Art, aber eine Erklärung hat uns niemand gegeben." "Ich verstehe gar nichts!", empörte sich Ralf, "Schon seit einem Jahr Krieg, und niemand weiß, warum er überhaupt erst angefangen hat." "Also, als ich rekrutiert wurde", antwortete Troy, "wurde mir nur gesagt, dass uns die Russen angegriffen hätten, dass das Land in Gefahr sei, und dass ich es beschützen solle. Ich glaubte ihnen, da die Russen uns immer schon ins Unglück stürzen wollten." Bert stand auf und ging nach oben, um nach Den zu sehen. Als er die Tür öffnete, sang dieser still und spielte auf Berts Gitarre. ...Ja smert obmanul, No drugich ne wernut. Tebja ne chranil, I prokljat moj put. A serdtse kak ljod Cholodit... Moj prerwan polet, Pozsadi... Wse to, tschem ja shil, I kogo ja ljubil... (Das Lied war auf russisch, deshalb hat Bert nichts verstanden) Als er Bert hereinkommen sah, hörte er das Spielen auf und sagte: "Ausgezeichnete Gitarre hast du, Bert, in Russland haben wir so etwas nicht." "Wie geht es dir, Den?" "Alles normal. Das Bein schmerzt natürlich noch ein wenig, aber nichts Schlimmes." "Den, erzähl uns, wie bei euch der Krieg begann." "Also...", war Den überrascht, "Uns hat man einfach auf der Basis aufgesammelt und gesagt, dass wir von den Amerikaner angegriffen würden, dass das Land in Gefahr sei, und dass ich es beschützen solle. Ich glaubte ihnen, da die Amerikaner uns immer schon ins Unglück stürzen wollten." "Ja..." konnte Bert nur noch sagen. Irgend etwas war hier offensichtlich faul. Wie Cyril es wollte, bekam er am nächsten Tag den Bericht des Detektiven. Die Schweine waren kurz vor dem Umfallen, schafften es aber doch noch rechtzeitig. "Mit Sicherheit", dachte Cyril, "verheimlicht Knox irgendetwas. Jetzt müssen wir uns nur darum kümmern, dass..." "Mister Cedric, gehen Sie da besser nicht hinein.", wurde Cedric von Lloyd gewarnt, der eine große Beule auf dem Kopf hatte, "Der Boss ist sehr wütend, besser man sieht ihn im Moment nicht einmal an." "Und was ist passiert?", fragte Cedric neugierig. "Er hat den Bericht über Knox' Aktivitäten erhalten. Ich weiß nicht, was ihm daran nicht gefallen hat. Nein, Mister Cedric, besser nicht hineingehen..." Trotzdem ging Cedric hinein zu seinem Vater ins Büro. Cyril saß am Tisch, die Armen über dem Kopf zusammengeschlagen, und schaute sehr böse und bedrückt. "Was ist passiert, Papa?", fragte Cedric, "Hat dir Knox wieder ein Geschäft weggeschnappt?" "Schlimmer...", trauerte Cyril, "Schau... Das ist ein Schema aller Transaktionen von Knox vom letzten halben Jahr. Cedric schaute es sich an. Die meisten Zahlen erinnerten ihn an ein Spinnennetz. Und alle Linien der größeren und kleineren Beträge führten zu einem Quadrat. Da stand es: Senator Milton Midas." "Midas...", sagte Cedric laut, "Ist das nicht dieser Midas, der..." "Ja, genau dieser.", brummte Cyril, "Ich weiß nicht, wann und wie er es geschafft hat, Senator zu werden, aber sein Name steht hinter allen Transaktionen von Knox, und deshalb will er nicht, dass man davon etwas erfährt." "Na und?", fragte Cedric, "Selbst wenn das alles die Handschrift von Midas trägt?" "Sie dir das Schema noch einmal an!", sprach Cyril mit trockener Stimme. Cedric nahm das kleine Stück Papier und bekam schon nach dem ersten Blick eine Gänsehaut... "Ralf, Ralf!", hörte man Cedrics aufgeregte Stimme übers Telefon, "Ralf, komm schnell hierher ins Schloss. Es ist schrecklich... vergiss die Kamera nicht... So ein..." "Hey, Cedric? Was ist passiert? Aufgelegt..." "Was ist denn, Schatz?", fragte Melissa. "Cedric hat angerufen und gesagt, dass irgendetwas bei ihnen im Schloss passiert ist. Ich geh' nachsehen, was da los ist." "Aber bitte schnell. Troy wird heute abreisen, und ich will ein Abschiedsessen veranstalten." "Also was ist bei dir passiert?", fragte Ralf Cedric, der schon auf ihn am Tor wartete. "Hier, sieh dir das an.", antwortete er, und reichte Ralf das Schema von Midas' Transaktionen. "Hm... Diese Linien und das Quadrat, was soll das bedeuten?" Cedric begann zu erklären, und Ralf fühlte sich schrecklich. Das Geschäft lief darauf hinaus, dass Senator Midas gleichzeitig mit beiden Kriegsparteien gehandelt hat. Er kaufte Öl bei Knox, und verkaufte es dann an russische Panzerdivisionen. Und von Russland kaufte er Waffen, und lieferte sie dann an die NATO, als wenn er sie selbst hergestellt hätte. Er spielte mit den Aktienkursen verschiedener Firmen, und verschaffte sich selbst auf allen Fronten Vorteile. Er ließ riesige Geldmengen durch verschiedene Scheinfirmen laufen, blieb aber selber immer im Verborgenen. Und damit hat er enorm viel Geld verdient. Im ersten Kriegshalbjahr, das gewiss nicht ohne sein Zutun begonnen hätte, wurden Cyril und Knox zusammen reich, und umso länger die Kämpfe dauerten, umso reicher wurde er. Millionen von Leuten starben in den Schlachten, aber für ihn war das alles nur Geschäft. Und es gab noch mehr "Kriegsverdiener" wie ihn, aber es war unmöglich ihre Namen herauszufinden. Ralf wurde schrecklich blass. "Also heißt das, das dieser Krieg die Tat von Midas ist... Und nur er profitiert davon..." "Er und solche wie er... Geschäftsleute ohne Ehre und Gewissen. Aber jetzt wird klar, warum es keine Nuklearschläge gab, vor denen man sich in den ersten Monaten des Kriegs gefürchtet hat." Es wurde still. Ralf dachte über all das, was er gerade erfahren hatte, nach. Nach drei Minuten sagte er schließlich still: "Das kann doch nicht wahr sein! Danke, dass du es mir erzählt hast, Cedric. Ich werde sofort darüber im Immergrünen Standard schreiben. Die ganze Welt soll es erfahren!" "Ralf, das ist gefährlich! Midas wird davor nicht halt machen, euch alle..." "Unwichtig! Es ist notwendig, dass alle davon wissen. Dieser Krieg muss gestoppt werden!" "Aber...", versuchte Cedric einzuwenden, war aber plötzlich still und schaute auf die Straße. So schnell es nur mit seinem Fahrrad ging, kam Bert daher gerauscht. Als er ankam, war er außer Atem vor Anstrengung. "Ralf...", keuchte Bert, "Schnell... Dort..." "Was?", fragte Ralf in Erwartung neuer Unglücke. "Troy hat Den entdeckt!", schrie Bert los. "Welchen Den?", fragte Cedric. "Unwichtig, Cedric, schneller..." Zuhause angekommen, schossen Bert, Ralf und Cedric wie eine Kanonenkugel die Leiter hoch in den zweiten Stock und stellten fest, dass die Situation ziemlich angespannt war. In der Mitte des Korridors standen Den und Troy, und hielten sich gegenseitig Pistolen an den Kopf, schossen jedoch nicht. "Hey, was geht denn hier vor?", schrie Ralf. "Troy hat aus Versehen die Türen verwechselt und ist Den direkt gegenübergestanden.", erklärte Melissa schnell. "Beide zogen sofort ihre Kanonen und stehen nun schon seit einer halben Stunde so da. Alles, was Troy will, ist Den gefangen zunehmen." "Russen ergeben sich nicht!", schrie Den, und drückte noch stärker auf den Abzug seiner Makarow. "Aber ich werde dich nicht gehen lassen!", schrie Troy, "Ergib dich oder stirb!" "Versuch doch zu schießen! Du wirst hier auch nicht lebend herauskommen!" Für Ralf war das alles zu viel für einen Tag. Er seufzte und sagte dann: "Melissa, gehen wir fort von hier. Wenn diese Idioten sich gegenseitig erschießen wollen, dann sollen sie doch. Midas wird auch noch an ihrem Tod Geld verdienen." "Was?", wunderte sich Melissa, "Welcher Midas? Von was redest du?" Aber Ralf war bereits fort und ging hinunter. Melissa warf ihm einen kurzen Blick nach, sah dann den Piloten, und schließlich wieder Ralf an, dem sie dann nachging. Bert und Cedric sahen sich gegenseitig an, und verstanden überhaupt nichts. Ohne sich darauf zu einigen, senkten Den und Troy die Waffen. "Bert, Den, Troy!", hörte man die Stimme Melissas von unten, "Vergesst diesen idiotischen Krieg, kommt her, Ralf will euch was Wichtiges erzählen!" Den und Troy sahen sich voller Hass an, gingen aber trotzdem. Unten setzten sich alle zu Ralf an den Tisch, und dieser begann zu erzählen, was er von Cedric erfahren hatte. Als er fertig war, war alles im Haus still. Und in der Stille konnte man hören, wie die Makarow entschärft wurde. "Dieser Krieg muss beendet werden!", sagte Den. Auch die Baretta wurde entschärft. "Genau!", sagte Troy. Am selben Nachmittag waren alle Raccoons am Bahnsteig versammelt. "Bist du sicher, dass du das machen kannst?", fragte Bert. "Nein.", antwortete Den. "Falls sich aber in drei Tagen nichts tut, könnt ihr dieses Schema enthüllen. Das heißt, dass wir dann schon nicht mehr am Leben sind." "Aber ihr wolltet euch doch noch vor zwei Stunden gegenseitig erschießen!", war Melissa erstaunt. Den und Troy tauschten kurz Blicke aus und antworteten schließlich: "Aber jetzt wollen wir nicht mehr." "Viel Erfolg, Leute!", sagte Lisa still, "Rächt Johns Tod!" "Und kommt wieder zurück zu uns!", fügte Bentley hinzu. Es näherte sich der Zug nach Toronto, der Stadt, wo sich das Hauptquartier von Midas befand. Den und Troy stiegen in den Wagon und winkten den Raccoons zu. Der Zug fuhr ab. Über den Köpfen schossen schwere Kampfbomber vorbei. Melissa blickte in den Himmel und begann zu heulen. Dieser verdammte Krieg!!! Moskau 17:54, 19.3.2004 Dem Andenken aller Opfer aller Kriege gewidmet. PS: Am Morgen des vierten Tages, als die neue Ausgabe des Immergrünen Standards bereits gedruckt war, rannte Bert in die Redaktion und schrie: "Ralf, Melissa!!! Frieden!!! Sie haben Frieden geschlossen!!!"